3-Minuten-Impuls
Inspiration für moderne und effiziente Fabriken
Erscheint: 2-monatlich
3-Minuten-Impuls von Lukas Morys zu den richtigen Fragetechniken für den Shopfloor
19.07.2023
In der Sommerausgabe meines 3-Minuten-Impuls möchte ich einer scheinbar alltäglichen Sache widmen. Führungskräfte machen es nämlich jeden Tag: Fragen stellen auf dem Shopfloor. Interessant finde ich, dass wir uns enorm viele Gedanken darüber machen, WELCHE Fragen wir stellen, seltener jedoch, WIE wir Fragen stellen.
Nur wer gute Fragen stellt, bekommt die Gründe vorgestellt.
Dabei hängen Qualität und Tiefe einer Antwort maßgeblich von der Art der Fragestellung ab. Daher möchte ich ein paar Techniken teilen, mit denen ich im Shopfloor Management gute Erfahrungen mache.
Zunächst geht es um die richtige Grundhaltung. Generell versuche ich, im ersten Schritt nur zu beobachten und nicht zu interpretieren. Das ist nicht immer leicht, hilft allerdings enorm in der täglichen Arbeit.
Der wichtige Unterschied zwischen Beobachtung und Interpretation besteht darin, dass Beobachtungen unabhängig feststellbare Fakten sind. Fakten können nicht unterschiedlich wahrgenommen werden. Fakten können nicht in Frage gestellt werden. Interpretationen werden hingegen von Mensch zu Mensch unterschiedlich vorgenommen. Sie sind Folgerungen oder Auslegungen von Beobachtungen, aber eben keine Fakten.
Beobachte ich das, was ich erwarte?
Diese Frage ist einfach und gleichzeitig effektiv. Sie hilft beim neutralen Beobachten. Durch die in der Frage beschriebene Grundhaltung wird der Zustand, der passieren sollte, mit dem tatsächlichen Vorkommnissen abgeglichen. Sie spiegelt außerdem den für die Produktion typischen Soll-Ist-Vergleich wider. Unabhängig davon, ob es um erreichte Kennzahlen, die Einhaltung von Standards oder dem Verhalten bei Abweichungen geht, bietet diese Fragestellung gute Orientierung. Weiterhin erfordert die Fragestellung, dass eine Erwartungshaltung existiert. Das bedeutet, dass Zielzustände – zumindest gedanklich – definiert sein müssen. Anschließend können Verbesserungsmaßnahmen definiert und umgesetzt werden.
Damit ist der Grundgedanke vergleichbar mit der Toyota Kata nach Mike Rother. „Kata“ ist ein japanischer Begriff, der Übungsroutinen beschreibt, die ursprünglich im Kampfsport angewendet werden. Es geht bei Kata darum, Abläufe, sei es beispielsweise zur Verteidigung oder Angriff, so zu trainieren und zu wiederholen, dass diese vom Unterbewusstsein ausgeführt werden können. Die Toyota Kata ist eine Übungsroutine, damit aus bewusst angestoßener Verbesserung ein alltägliches unterbewusstes Streben nach kontinuierlicher Verbesserung wird. Dazu bedient sich die Toyota Kata einer Fragetechnik, die für den Produktionsrundgang aus fünf aufeinander aufbauenden Fragen besteht:
Die Abfolge und der Grundgedanke hinter dieser Fragetechnik eigenen sich hervorragend für Produktionsrundgänge und kann mit weiteren Fragetechniken kombiniert werden.
Offene Fragen sind ideal, um die Hintergründe eine Beobachtung zu erfahren. Der Grund ist einfach: sie zielen auf eine ausführliche Antwort oder Begründung ab. Je mehr Informationen preisgegeben werden, desto bessern können diese zur Bewertung und Einordnung verwendet werden. Es lohnt sich deswegen „W-Fragen“ zu stellen. Diese beginnen mit Wie, Warum, Wieso oder Weshalb. Sie unterscheiden sich dadurch von geschlossenen Fragen, da geschlossene Fragen mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Geschlossene Fragen eignen sich daher zum Bestätigen oder Widerlegen eines Eindrucks, allerdings weniger, um Hintergründe einer Beobachtung zu erfahren.
Machen Sie den Test:
Im Vergleich zu:
Wird eine gute, offene Frage gestellt, sprudeln die Aussagen auf dem Shopfloor häufig vor sich hin. Schade ist es, wenn dieser Sprudel durch vorschnelles Unterbrechen zum Erliegen kommt. Leider neigen wir sehr häufig dazu, unsere Gegenüber zu unterbrechen. Das ist ist bedauerlich, da wichtige Informationen unentdeckt bleiben könnten. Eine tolle Richtschnur ist deswegen das „Zwei Ohren und einen Mund“-Prinzip. Es besagt, dass wir doppelt so viel zuhören sollen, als sprechen.
Zusätzlich kann Stille als rhetorisches Element eingesetzt werden. Erscheint Ihnen eine Antwort auf die Frage noch nicht ausreichend, schauen Sie Ihren Gegenüber weiterhin an und sagen Sie nichts. Er wird seine Antwort fortführen und weitere Details nennen.
Genauso wichtig wie das Fragenstellen ist das aktive Zuhören. Aktives Zuhören hat das Ziel, dass das Gesagte auch tatsächlich verstanden wird. In unserer heutigen Zeit ist das schwieriger denn je. Durch die Geschwindigkeit, verbunden mit der fortwährenden Erreichbarkeit, fällt es sehr schwer, richtig zuzuhören.
Sind wir uns dieser Problematik bewusst und möchten wir sie reduzieren, hilft im Anschluss an die Antwort folgende aktive Nachfrage:
Verstehe ich richtig, dass … [Zusammenfassung des Gesagten]?
Durch diese aktive Nachfrage entsteht dreifacher Nutzen:
Beispiel:
„Wir mussten gestern Abend lange auf die Instandhaltung warten. Deswegen wurde hatten wir drei Stunden Ausfall und sind mengenmäßig 25% in Rückstand.“
„Verstehe ich richtig, dass das Warten auf die Instandhaltung 25% Rückstand verursacht hat?“
„Ja. Die Instandhaltung war zwar schnell vor Ort, allerdings musste das Ersatzteil aus dem anderen Werk abgeholt werden. Und leider mussten wir die Anlage, als das Ersatzteil da war, erst noch gründlich reinigen, was die Reparaturzeit weiter verlängert hat.“
Ich hoffe, die fünf Tipps können Sie in der ein oder anderen Situation auf dem Shopfloor unterstützen. In einem unserer Factory21 Podcast-Episoden haben wir ebenfalls die Fragetechniken auf dem Shopfloor behandelt. Hören Sie gerne rein:
049 Fragetechniken für den Shopfloor | Factory21 | Der Podcast für Führungskräfte und Projektverantwortliche aus der ProduktionLukas Morys, CEO und Co-Founder bei Scable
Erhalten Sie den 3-Minuten-Impuls von Lukas Morys (ca. 6 mal im Jahr) sowie ausgewählte Einladungen zu unseren Events.